Vernetzung und Perspektivwechsel: Soziale Arbeit trifft Polizeiarbeit

Auf dem Bild stehen zwei Frauen vor einem Bildschirm, auf dem eine Präsentation des Projekts „Jonathan Soziale Arbeit“ zum Thema Kinder- und Jugendkriminalität angezeigt wird.

Auch in diesem Jahr waren Elisabeth Worbs und Kerstin Hogger von Jonathan Soziale Arbeit wieder zu Gast im Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei. Im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung für Jugendpolizist*innen zum Thema „Jugendliche Intensivstraftäter und Gefährderansprache“ stellten sie den Träger vor und alle Maßnahmen, die Jonathan Soziale Arbeit im Rahmen der Jugendhilfe im Strafverfahren durchführt.

Seit vielen Jahren ist Jonathan Teil dieser Fortbildungsreihe und bringt dabei die Perspektive der Sozialen Arbeit ein. Im Mittelpunkt steht stets die Frage, wie straffällig gewordene junge Menschen gezielt unterstützt und begleitet werden können – mit dem Ziel, neue Wege zu eröffnen und Rückfälle zu vermeiden.

Soziale Arbeit trifft Polizeiarbeit

Bei den Vorträgen im Fortbildungsinstitut geht es nicht allein darum, theoretisches Wissen zu vermitteln. Vielmehr steht der Austausch zwischen Praxisfeldern im Vordergrund. Polizei und Soziale Arbeit begegnen sich hier auf Augenhöhe, um unterschiedliche Blickwinkel auf gemeinsame Herausforderungen zu besprechen. Mit dabei sind auch immer Kolleg*innen der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe.

Elisabeth Worbs und Kerstin Hogger berichten aus der täglichen Arbeit mit Jugendlichen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, und zeigen auf, welche pädagogischen Ansätze greifen können. Dabei wird in jedem Jahr deutlich, dass der Blickwinkel der Sozialen Arbeit ein anderer ist als jener der Polizei: Während polizeiliches Handeln in erster Linie auf Gefahrenabwehr, Sicherheit und Rechtsdurchsetzung ausgerichtet ist, konzentriert sich die Soziale Arbeit darauf, Lebensumstände zu verstehen, Ressourcen zu aktivieren und Verhaltensänderungen zu ermöglichen – nicht immer leicht in einem Kontext, der nicht auf Freiwilligkeit fußt.

Gerade dieser Unterschied macht den Austausch so wertvoll. Denn nur wenn alle Beteiligten ein Verständnis für die Perspektive des jeweils anderen entwickeln, kann gemeinsame, konstruktive Zusammenarbeit gelingen.

Perspektivwechsel als Schlüssel

Ein zentrales Anliegen unserer Teilnahme an der Fortbildung ist es daher, den Blick der Polizeikräfte auf die Jugendlichen zu schärfen. Wir zeigen auf, wie die Soziale Arbeit auf junge Menschen schaut: nicht in erster Linie durch das Raster von Straftat und Schuld, sondern mit dem Blick auf Ursachen, Lebensumstände und Ressourcen. Viele Jugendliche, die straffällig werden, tragen komplexe Belastungen – familiäre Konflikte, Schulabbrüche, psychische Belastungen oder fehlende Unterstützung im sozialen Umfeld.

Diese Einblicke ermöglichen es den Polizist*innen, Jugendliche nicht nur als „Täter*innen“ zu sehen, sondern als junge Menschen in schwierigen Lebenslagen – oft mit einem hohen Maß an Unsicherheit, Orientierungslosigkeit oder fehlenden positiven Bezugspersonen.

Dieser Perspektivwechsel entschärft vielleicht potenzielle Konflikte und hilft im Idealfall dabei, zukünftige Kommunikationssituationen besser zu gestalten – sei es bei einer Gefährder*innenansprache, einem Hausbesuch oder einem Gespräch in der Schule.

Warum Vernetzung so entscheidend ist

Im Bereich der Straffälligenhilfe spielt Vernetzung eine zentrale Rolle. Kein*e Akteur*in kann die komplexen Herausforderungen allein bewältigen. Jugendliche Straftäter*innen sind häufig mit einer Vielzahl von Problemlagen konfrontiert – hier ist Zusammenarbeit gefragt:

  • Die Jugendgerichtshilfe fungiert als Schnittstelle zwischen Justiz und Jugendhilfe und sorgt für rechtliche Einordnung und passgenaue Auflagen.
  • Die Jugendhilfe bringt sozialpädagogisches Know-how ein, erkennt Ressourcen, entwickelt individuelle Hilfspläne und setzt entsprechende Maßnahmen um.
  • Die Polizei verfügt über präzise Lagekenntnisse, Risikoeinschätzungen und unmittelbaren Kontakt zu den Jugendlichen in ihrem Umfeld.

Wenn all diese Perspektiven zusammenfließen, entsteht ein ganzheitliches Verständnis – und damit die Möglichkeit, gezielt, abgestimmt und nachhaltig zu handeln.

Datenschutz als gemeinsame Verantwortung

Wo verschiedene Institutionen zusammenarbeiten, stellt sich immer auch die Frage nach dem Datenschutz. Besonders im Bereich der Straffälligenhilfe ist der Umgang mit sensiblen personenbezogenen Informationen zentral. Dieser Punkt gibt in jedem Jahr Anlass zu längeren Diskussionen.

Gerade deshalb ist es Jonathan ein großes Anliegen, in der Kooperation zwischen Jugendhilfe, Polizei, Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe einen verantwortungsvollen und rechtskonformen Umgang mit Daten sicherzustellen. Im Rahmen unserer Vorträge thematisieren wir regelmäßig, wie wichtig klare Kommunikationswege, definierte Zuständigkeiten und ein gemeinsames Verständnis von Datenschutz sind. Jede Weitergabe von Informationen muss auf einer rechtlichen Grundlage beruhen – und gleichzeitig im Sinne der Jugendlichen verantwortet werden.

Vorteile für alle Beteiligten

Die Erfahrungen im Berchtesgadener Land zeigen eindrucksvoll, wie fruchtbar eine gute Kooperation sein kann. Durch regelmäßige Treffen, kurze Kommunikationswege und einen Austausch auf Augenhöhe profitieren alle Beteiligten.

Im Berchtesgadener Land hat sich über die Jahre eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Polizei, Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe etabliert. Diese enge Kooperation basiert auf Vertrauen, Verlässlichkeit und dem gemeinsamen Ziel, junge Menschen auf ihrem Weg zurück in ein straffreies Leben zu begleiten.

Gemeinsam stark für Jugendliche

Wir freuen uns sehr, dass wir durch unsere jährlichen Vorträge im Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei zur fachlichen Vernetzung und Sensibilisierung beitragen dürfen. Der Dialog mit den Jugendpolizist*innen ist jedes Jahr aufs Neue bereichernd – denn er zeigt, wie groß das Interesse an sozialpädagogischen Perspektiven und gemeinsamen Lösungswegen ist.

Am Ende verfolgen alle Beteiligten dasselbe Ziel: Jugendliche zu unterstützen, bevor Probleme sich verfestigen, und Wege zu eröffnen, die ihnen eine echte Chance auf Veränderung geben.

Bildunterschrift
v.l.n.r. Elisabeth Worbs und Kerstin Hogger 

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