Rückführung in die Herkunftsfamilien – frei nach unserem Leitbild „Wir mischen uns ein“

Fremdunterbringung von Kindern: Ein sensibles Thema

Die Entscheidungsprozesse der Jugendämter bei der Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen in stationäre Wohneinrichtungen sind ein hochsensibles Thema. Fachliches Wissen und Reflexionsfähigkeit des gesamten Teams und der zuständigen Fachkraft sind entscheidend bei der Entscheidungsfindung.

Rückführung versus Sicherheit: Das Dilemma in der stationären Jugendhilfe

Wenn Kinder stationär untergebracht werden, entsteht im weiteren Verlauf der Hilfe oft ein Dilemma, das man kurz mit „Rückführung“ versus „Sicherheit“ umschreiben könnte. Das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII betont, dass die Kinder- und Jugendhilfe sich als Partner der Familie verstehen muss und ihre Leistungen an den unterschiedlichen Lebenslagen der Familie sowie den Interessen, Wünschen und Bedürfnissen ihrer Mitglieder orientiert sein müssen.

Perspektivklärung im Hilfeprozess: Was entscheidet über eine Rückführung?

Im Verlauf der Hilfe liegt der Fokus auf einer prozessorientierten Perspektivklärung, die mit allen Beteiligten erarbeitet werden muss. Dies erfordert ethische, rechtliche und praktische Überlegungen, wobei die individuellen und entwicklungsspezifischen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen.

Hier spielt eine bedeutende Rolle, diese präzise im sozialpädagogischen Sinne zu erfassen, damit alternative Settings gestaltet werden können und dadurch aktiv und zielführend mit allen Akteur*innen ein gelingender Rückführungsprozess umgesetzt wird. Multiperspektivität ist maßgeblich bei der Klärung, ob die Hindernisse der Herausnahme des jungen Menschen bereinigt sind und die für eine Rückführung notwendige Veränderungsprozesse stattgefunden haben.

Vertrauensvolle Beziehungen: Grundlage erfolgreicher Jugendhilfe

Vertrauenswürdige, sichere Beziehungen zwischen Sorgeberechtigten, den Familien, den Kindern, der zuständigen Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) und den Fachkräften der Einrichtung sind essenziell. So können Ressourcen neu erkannt, entwickelt und genutzt werden. Das Wohl des Kindes hat bei allen Entscheidungsprozessen oberste Priorität. Jedoch kann aufgrund von Zeit- und Ressourcenmangel der zuständigen Fachkräfte beim Jugendamt die Unterbringung als vorrangig angesehen werden. Und hier liegt oftmals die Herausforderung:

Wann beginnt die Klärung, ob eine Rückführung möglich ist?

Herausforderung Rückführung: Wie gelingen Rückkehrprozesse von Kindern?

Für die Fachkräfte einer stationären Einrichtung beginnt die Arbeit an einer Rückführung idealerweise sofort nach dem Einzug des Kindes – vorausgesetzt, Kind und Eltern wünschen dies. Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsfamilien ist dabei entscheidend, da Misstrauen oft die Kooperation erschwert. Eltern hegen sowohl Hoffnungen als auch Ängste bezüglich einer Rückführung und der Frage, ob sie die notwendige Unterstützung erhalten.

Es ist unerlässlich, Kinder und Eltern nach ihren Bedarfen und Unterstützungswünschen zu fragen. Sie sind die Expert*innen ihres Lebens, und ihre Perspektiven müssen bei der Planung einer erfolgreichen Rückführung berücksichtigt wer-den.

Lebensweltorientierte Hilfe: Maßgeschneiderte Unterstützung für Familien

Erzieherische Hilfen müssen an die Lebenswelt der Familien angepasst werden. Eine unvoreingenommene, diskriminierungsfreie und offene Haltung seitens der Fachkräfte ist notwendig. Eltern müssen kompetent informiert, beraten und am Hilfe- und Erziehungsprozess beteiligt werden. (§ 36 Abs. 1 SGB VIII).

Intensive Elternarbeit: Der Schlüssel zu erfolgreichen Rückführungen

Fachkräfte in den stationären Wohngruppen können durch intensive Elternarbeit gut beurteilen, ob eine Rückführung möglich ist. Regelmäßige Gespräche, Anleitung und Unterstützung in der Erziehung sowie die Einschätzung von Heimfahrten und Interaktionen sind dabei wichtig.

Haltung in der Jugendhilfe: Eltern als Partner im Rückführungsprozess

Die Haltung der Fachkräfte spielt eine wesentliche Rolle: Werden die Eltern als Verursacher des Leids ihrer Kinder wahrgenommen oder als Personen, die vorübergehend nicht für ihre Kinder sorgen können? Als direkte Bezugspersonen der Kinder und direkten Kontaktpersonen der Herkunftsfamilien müssen wir uns einmischen. Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit das Kind/Jugendlicher zurück zu den Eltern kann?

Mischt euch ein! Partizipation und Multiprofessionalität im Hilfeplanprozess

Fachkräfte in den Wohngruppen sollten darauf pochen, dass stets die Kinder / Jugendlichen sowie, wenn gewünscht, deren Freunde und die Eltern am Hilfeplangespräch teilnehmen. Die Möglichkeit der Multiprofessionalität durch den Einsatz von runden Tischen und Familienräten sollte genutzt werden. Sprecht Rückführung an, seid selbstbewusst!

Brücken bauen: Erfolgreiche Kooperation zwischen Jugendamt, Eltern und Einrichtung

Fachkräfte sollten als Brückenbauer*innen agieren und ein Kooperationsdreieck zwischen Jugendamt, Eltern und Einrichtung schaffen. Gute Arbeit bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen aktiv in den Entscheidungsprozess einbezogen wer-den.

Literatur

– Helmig, Elisabeth, Blüml, Herbert & Schattner, Heinz (1999). Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Schriftenreihe Band 182. Stuttgart: Kohlhammer
– KomJu – Kompetenz in der Jugendhilfe. Heft 2/2023. Rückführungsprozesse – Rückkehr in die Herkunftsfamilie – Provokation oder eine wichtige Aufgabe
– Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe AGJ [1). Junge Kinder in der stationären Erziehungshilfe – aktuelle Herausforderungen und Handlungsbedarfe für die Kinder und Jugendhilfe

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