Nah dran – Aufsuchende Jugendarbeit in Berchtesgaden

Nicht alle Jugendlichen finden von selbst den Weg zu Jugendzentren oder anderen regionalen Angeboten für sie – besonders im ländlichen Raum, wie in Berchtesgaden. Genau hier setzen wir seit 2021 mit aufsuchender Jugendarbeit an.

Aufsuchende Jugendarbeit ist eine Form der sozialen Arbeit, bei der Fachkräfte Jugendliche dort ansprechen, wo sie sich aufhalten, um sie zu unterstützen und zu begleiten.

Dort sein, wo Jugendliche sich wirklich aufhalten

Wir gehen dorthin, wo Jugendliche tatsächlich sind: am Hauptbahnhof, am Pumptrack und Skaterplatz oder in den Parks des Markts Berchtesgaden – überall dort, wo jugendliches Leben stattfindet. Ziel ist es, Jugendliche direkt in ihrem Lebensumfeld zu erreichen – insbesondere jene, die klassische Angebote wie Vereinsstrukturen nicht nutzen. Dabei führen wir keine Gespräche über Jugendliche, sondern mit ihnen – freiwillig, offen und auf Augenhöhe.

Seit September 2022 bin ich Teil des aufsuchenden Teams. Zusammen mit meinem Kollegen Étienne Wilker bin ich zweimal wöchentlich unterwegs – meist rund um die Öffnungszeiten des Jugendtreffs im Werk 34, in dem wir auch arbeiten. So erfahren Jugendliche draußen unkompliziert von Angeboten und Projekten des Jugendtreffs – viele engagieren sich dort inzwischen selbst als freiwillige Helfer*innen.

 

Offene Jugendarbeit im ländlichen Raum – eine besondere Herausforderung

Ziel unserer Arbeit ist es, Jugendliche zu erreichen, Beziehungen aufzubauen, Vertrauen zu schaffen und dort Unterstützung anzubieten, wo sie gebraucht wird. Gerade in ländlichen Regionen ist das nicht leicht: oft weite Wege, Ressourcen begrenzt, die Angebote verstreut oder unbekannt. Viele Jugendliche kennen klassische Hilfestrukturen kaum oder stehen ihnen – wie auch offiziellen Stellen – skeptisch gegenüber.

Diese Skepsis haben wir selbst erlebt: Anfangs hielten uns manche für Zivilpolizist*innen. Das Konzept aufsuchender Jugendarbeit war vielen unbekannt. Doch durch verlässliche Präsenz, und unsere Erkennbarkeit als Team des Jugendtreffs konnten wir dieses Bild ändern. Heute begrüßen uns viele schon aus der Ferne – ein Zeichen, dass sie uns als das sehen, was wir sind: verlässliche Ansprechpersonen, die zuhören, begleiten und nichts vorschreiben.

 

Vertrauen braucht Zeit und Sichtbarkeit

Unsere Angebote sind bewusst niedrigschwellig: freiwillig, ohne Anmeldung und orientiert an den Interessen der Jugendlichen. Sie fördern Partizipation und wirken idealerweise präventiv – etwa bei Sucht, Gewalt oder anderen jugendspezifischen Themen. Bei Bedarf vermitteln wir an weiterführende Hilfen.

Aufsuchende Jugendarbeit bedeutet mehr als „draußen unterwegs sein“ – sie ist Beziehungsarbeit, die Zeit, Geduld und Ausdauer erfordert. Sie schafft Zugänge zu Jugendlichen, die sonst oft unbemerkt bleiben. Gerade im ländlichen Raum wie Berchtesgaden braucht es dieses aktive Zugehen und die Bereitschaft, Jugendlichen auf Augenhöhe zu begegnen. Wir erleben täglich, wie durch verlässliche Präsenz echte Beziehungen entstehen – und wie wichtig es ist, diesen Raum offen, freiwillig und niedrigschwellig zu halten. Nur so kann Jugendhilfe dort wirken, wo sie gebraucht wird: mitten im Leben junger Menschen.

Sophie Ernst, Werk34, Jonathan Soziale Arbeit

Zwei Personen posieren für ein Bild und im Vordergrund liegen Weihnachtsgeschenke- und Karten
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